Dipl. Ing. (FH) Franz Plückthun, bti Betontechnologische Ingenieurgesellschaft mbH,
80809 München

Planungsablauf von Instandsetzungsmaßnahmen

Einleitung:
Durch den ständigen Gebrauch von bewohnten und intensiv genutzten Objekten ist ein ständiger Bedarf an Instandhaltungs-/Instandsetzungsmaßnahmen gegeben, um den Werterhalt der Immobilie zu gewährleisten und um einem vorzeitigen Verfall vorzubeugen.
Die fachgerechte Planung und Durchführung, sowie der dazu erforderliche Planungsablauf hierzu, wie er auch im Praxishandbuch für „Moderne Wohnungseigentumsverwaltung“ des Bundesanzeigerverlages (ISBN: 978-3-89817-722-1) beschrieben ist, wird nachfolgend aufgezeigt:

1. Bestandsaufnahme / Objektdokumentation
Vor Beginn einer Instandsetzungsmaßnahme ist eine Bestandsaufnahme (Mängelfeststellung) durch den beauftragten Fachingenieur durchzuführen, der den „Ist-Zustand“ des Bauwerkes/Bauteiles aufnimmt und die Bausubstanz bewertet wie weit sie vom „Soll-Zustand“ abweicht. Die Differenz zwischen Ist- und Soll-Zustand stellt den Planungsbedarf dar.

2. Instandsetzungskonzept
Aus dem Planungsbedarf  der Bestandsaufnahme ist ein Instandsetzungskonzept zu entwickeln. Dieses gibt die Instandsetzungsziele an und enthält alle möglichen Alternativen dazu: z.B. Fliesenbeläge bzw. Bodenbeschichtungen auf Balkonen anstatt Abdichtungen gem. DIN 18 195. Es enthält auch ergänzende Arbeiten um das Sanierungsziel zu erreichen. So sind z.B. auch konstruktive Änderungen, wie unterseitige Befestigung von Balkongeländern an den Balkonplatten etc. aufzunehmen.
Somit ergibt sich die Definition des zu erreichenden, gebrauchsfähigen Soll-Zustandes.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Tatsache, dass die Instandsetzungsmaßnahmen an einem bestehenden Bauwerk/Bauteil erfolgen. Meist können die einschlägigen Regelwerke wegen nicht vorhandenen örtlichen Gegebenheiten z. B. ausreichende Höhe von Abdichtungshochzügen etc. nicht, oder nur unter erheblichen finanziellem Aufwand z. B. Austausch der Balkontüren etc. eingehalten werden. In diesen Fällen gibt es oft alternative Sonderlösungen, die zwar nicht in den Regelwerken enthalten sind, aber sich aufgrund ihres jahrelangen Einsatzes bewährt haben und daher als gebrauchstauglich anzusehen sind. An dieser Stelle seien sog. „Verbundabdichtungen“ mit Fliesenbelägen erwähnt.
Das Instandsetzungskonzept ist mit dem AG zu besprechen und die erforderlichen Leistungen sind festzulegen. Ebenso ist dieser über die Nichteinhaltung von baurechtlichen Bestimmungen oder Regelwerken aufzuklären, die möglicherweise wegen des Bestandes nicht eingehalten werden können. Auf die Nichteinhaltung von Regelwerken (Regelverzicht) kann nur dann eingegangen werden wenn der AG zustimmt.
Der AG kann auch im Rahmen des Instandsetzungskonzeptes seine Zustimmung zu Sonderlösungen erteilen, welche dadurch vereinbart und „bestellt“ werden.
Diese Vereinbarung ist auch im Hinblick auf § 633 Abs. 1, BGB von Bedeutung, um das Werk (Instandsetzung) frei von Rechtsmängeln zu erstellen.
Sinnvollerweise empfiehlt es sich, das Instandsetzungskonzept vom AG oder bei WEG’s in einer Wohnungseigentümerversammlung bestätigen und freigeben zu lassen.

Im Rahmen des Instandsetzungskonzeptes soll auch geprüft werden, ob ein Sicherheits-koordinator (Sigeko) gemäß Baustellenverordnung (BaustellVO) zu bestellen ist.

3. Sicherheitskoordinator (Sigeko)
Die Verordnung über Arbeits-, Sicherheits- und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellVO) ist seit 01.07.1998 in Kraft und soll die Häufigkeit der Arbeitsunfälle senken. In Deutschland werden jährlich ca. 12.500 Arbeitsunfälle auf 100.000 Beschäftigte registriert.
Um diese Statistik zu verbessern sollen nun Baustellenkoordinatoren schon bei der Planung von Baumaßnahmen die Voraussetzungen für ein gefährdungsfreies Arbeiten schaffen.
Von Bedeutung für den Hausverwalter ist die Tatsache, dass ein Bauherr (auch Wohnungseigentümergemeinschaften) und in dessen Vertretung die Hausverwaltung einen Baustellenkoordinator bestellen muss, weil der Bauherr vom Gesetzgeber verantwortlich in die Sicherheit am Bau mit einbezogen wird. Für die Einhaltung der Arbeitssicherheit soll er geeignete Fachleute/Sicherheitskoordinatoren bestellen, falls er selbst hierzu nicht in der Lage ist.
Die sicherheitsrelevanten und unfallverhütenden Vorschriften für die ausführenden Unternehmen am Arbeitsplatz bleiben parallel hierzu unberührt.
Aus strafrechtlicher Sicht interessiert das Baugeschehen erst dann, wenn es im Zusammenhang mit den Bauwerksarbeiten zu Schäden an Leib und Leben gekommen ist. Konkrete Gefährdungen begründen beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen den Tatbestand der Baugefährdung nach § 323 StGB und es wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung einer Baumaßnahme gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib und Leben eines anderen gefährdet.
Der Sicherheitskoordinator prüft die Instandsetzungsmaßnahme auf mögliche Gefährdungen.
Bei vorliegenden relevanten Gefährdungen ist ein Sigeplan zu erstellen, der alle gemeinschaftlichen Sicherheitseinrichtungen z. B. Schutzgerüste, Anschlagpunkte, Absturzsicherungen etc. ausweist und auf der Baustelle auszuhängen ist.

Hinweis: In bestimmten Fällen z.B. wenn auf der Baustelle nur ein Auftragnehmer tätig ist, muss kein Sicherheitskoordinator bestellt werden.

4. Instandsetzungsplan
Auf Basis des genehmigten Instandsetzungskonzeptes ist ein Instandsetzungsplan (Festlegung der Sanierungsgrundsätze) aufzustellen. Der Instandsetzungsplan beinhaltet die wichtigsten Eckdaten der Ergebnisse aus der Bestandsaufnahme und dem Instandsetzungskonzept.
Weiterhin enthält er auch ausführliche Informationen über die benötigten Sanierungsgewerke, Sanierungsschritte und zu verarbeitende Materialien sowie die Festlegung der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Beschaffenheit.
Der Instandsetzungsplan macht auch Angaben über evtl. Besonderheiten der Baustelle, sowie zum Bauablauf z. B:
Zugänglichkeit der Baustelle
Nichtbefahrbarkeit von TG-Decken
Einteilung von Bauabschnitten
Zeitliche Trennung bei größeren Massnahmen

Der Instandsetzungsplan ist Grundlage und Ergänzung des Leistungsverzeichnisses.

5. Ausschreibung von Instandsetzungsmaßnahmen
Das Leistungsverzeichnis soll die Instandsetzungsmaßnahme in einzelnen Titeln (Gewerke) und Positionen (Arbeitsschritte) zusammenfassen und ist mit Massen zu ergänzen.
Der Instandsetzungsplan ist dem Leistungsverzeichnis beizufügen.
Je nach Größenordnung der Sanierung sollen mind. 3 Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Die Abgabe der Angebote ist in der Regel kostenfrei.
Die eingegangenen Kostenangebote sind in einem Preisspiegel zusammenzufassen. Sehr vorteilhaft ist, wenn im Preisspiegel die min.- und max.-EP (Einheitspreise) angegeben sind, da sich dies sehr hilfreich in der Vergabeverhandlung auswirkt, um Fehlkalkulationen in den einzelnen Einheitspreisen rasch aufzufinden und damit korrigieren zu können.
Üblicherweise ist bei den Vergabeverhandlungen noch ein Preisnachlass in Form eines Abgebotes oder eines Skontos bei festen kurzen Zahlungsfristen erreichbar.

Schlussbemerkung
Die oben beschriebene Vorgehensweise zur Planung von Sanierungen/Instandsetzungen ist bei Arbeiten im Geltungsbereich der DAfStb-Richtlinie (Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen) zwingend vorgeschrieben, jedoch empfiehlt es sich, diese grundsätzlich auch auf andere Sanierungsvorhaben mit hohem Sanierungsstandard anzuwenden.